Die befruchtete Eizelle erfüllt für das mütterliche Immunsystem die Kriterien eines Allotransplantates (Transplantat eines anderen Individuums derselben Spezies). Dies gilt sowohl für eine Schwangerschaft mit eigenen Eizellen, noch mehr jedoch bei Eizellspenden (engl. egg cell donation).Vor diesem Hintergrund muss das mütterliche Immunsystem eine Balance herstellen, da es nicht primär differenzieren kann, ob es sich bei dem fremden Antigen in Form der befruchteten Eizelle um einen potentiell gefährlichen „Fremdkörper“ handelt, oder nicht. Das bedeutet, das zelluläre Immunsystem verlässt sich auf Begleitumstände, die bei Kontakt mit dem fremden Antigen auftreten können oder unterbleiben. Man spricht dabei von sogenannten „dangerous Signalen“. Werden diese Signale verstärkt gebildet, so verringert sich die Möglichkeit des mütterlichen Immunystems eine Toleranz gegenüber der befruchteten Eizelle zu induzieren, die Folge kann ein Verlust der befruchteten Eizelle/ Fetus sein. Dieses Toleranzsignal wird durch regulatorische T-Zellen (engl. regulatory T-cells) erzeugt, die eine Subspecies der CD4+ -Zellen darstellt. Regulatorisch bedeutet in diesem Fall, das ein, für die komplette Aktivierung erforderliches Co-stimulatorisches Signal (dangerous Signal) ausbeibt, das Immunsystem switcht zu einer regulatorischen Antwort und toleriert die befruchtete Eizelle. Bei Zuständen mit einem eher aktivierten zellulären Immunsystem, beispielsweise bei Autoimmunerkrankungen (Hashimoto-Thyreoditis) oder bei Allergien, kann initial der Level an „dangerous Signalen“ oder anderen Störgrößen erhöht, sein, sodass eine Toleranz gar nicht induziert werden kann (Fehlen eines positiven Schwangerschaftstestes), oder die Schwangerschaft häufig in den ersten 12 SSW beendet ist.
Hier kommt diagnostisch der Immunphänotypisierung, der Bestimmung der regulatorischen T-Zellen, pro-und antiinflammatorischer Zytokine (Botenstoffe), der Immunglobuline, sowie der Speichereisenreserve und des 25-OH-Vitamin-D eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere ein Eisenmangel kann über die Hemmung von Hämoxygenase-1 (HO1) einen negativen Effekt haben. Gleiches gilt für Vitamin-D, was einen positiven Effekt über die vermehrte Bereitstellung von regulatorischen T-Zellen hat.
Therapeutisch kann die immunologische Gesamtsituation optimiert werden, um die Chance auf eine verläßliche und dauerhafte Toleranzinduktion in der Schwangerschaft oder nach Eizellspende zu erhöhen.
Eine erhöhte Frequenz von Infektionen (> 10/ Jahr) sollte einer immunologischen Diagnostik zugeführt werden. Neben der, in der Regel schon vom Hausarzt initiierten Diagnostik, wird ein besonderer Focus auf das spezifische zelluläre und humorale (Antikörper) Immunsystem gelegt.
Häufig kann es beispielsweise im Rahmen von einem CVID (Common variable Immunodeficieny) zu Störungen in der Reifung des spezifischen zellulären Immunsystems, oder zu Problemen im „Klassenswitch“ der Immunglobuline kommen, was sich in einer verstärkten Infektanfälligkeit äussert. Zusätzlich kann es dann über die dauerhafte Strapazierung des Immunsystems zu temporären Defiziten kommen, die dann über eine Reaktivierung von Altvirusinfektionen (Bsp. EBV oder CMV) zusätzlich noch einmal verstärkt werden.
In dieser Phase kommt es dann häufig auch zu Symptomen, die denen von klassischen Virusinfektionen ähneln, weil es das Immunsystem nicht mehr schafft die Virusreaktivierung zu kontrollieren. Die Patienten zeigen dann neben der erhöhten Infektanfälligkeit auch noch Erschöpfungssymptome.
Therapeutisch kann dann, in Abhängigkeit vom Befund, des Immunsystem unspezifisch stimuliert werden, um eine Kontrolle der möglichen reaktivierten Altinfektionen zu erreichen und konsekutiv auch die auftretenden spontanen Infekte in Frequenz und Infektionsdauer zu reduzieren.
Das Chronic fatigué-Syndrom (CFS), aktuell nach ICD als Myalgische Encephalomyelitis (ME) bzeichnet, ist charakterisiert durch eine permanente Erschöpfungssymptomatik, die auch durch vergleichsweise lange Schlafperioden keine Erholung erfährt. Dies führt zu einer deutlichen Leistungsreduktion und reduzierter Konzentrationsfähigkeit, sodass es für die Betroffenen immer schwerer wird, den Alltag zu bewerkstelligen. Hier sind deutliche Parallelen zum Burn-Out.
In der Regel haben diese Patienten schon eine „Odyssee“ an Arztbesuchen hinter sich, da häufig die Standardlabordiagnostik nicht zielführend ist.
Vor diesem Hintergrund ist eine immunologische Abklärung dieses Patientenklientels wichtig und sinvoll, da es häufig vor der Erschöpfungssymptomatik und/ oder durch die Erschöpfungssymptomatik zu einer temporären Kompromittierung des vor allem zellulären Immunsystems kommen kann, sodass Altvirusinfektionen wieder reaktivieren, und das Krankheitsbild noch weiter befördern.
In der Diagnostik wird aus diesem Grund ein besonderer Schwerpunkt auf die Bestimmung der Parameter des spezifischen zellulären Immunsystems gelegt, was in der Zusammenschau mit Reaktivierungsparametern für Virusinfektionen und dem humoralen Immunsystem einen Blick auf die aktuelle Situation ermöglicht.
Basierend auf diesen Resultaten kann dann einen entsprechende immunmodulierende oder immunstimulierende Therapie erfolgen
Deutschlandweiter Ansprechpartner für Patienten ist die Lost-Voices-Stiftung.